Christoph Edelhoff

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Englisch an Gesamtschulen (BAG) und ihre Trägerin, die Gesellschaft zur Förderung des Englischunterrichts an Gesamtschulen e.V. (GFE), trauern um ihren langjährigen Sprecher

Dr. phil. h.c. Christoph Edelhoff

*11.10.1940

Er verstarb am Samstag, den. 14.07.2018, nach kurzer, schwerer Krankheit
im Kreise seiner Familie in Hofgeismar.

 

Für Christoph

Am 14. Juli, als ganz Frankreich feierte, als viele Menschen den schönen Sommerabend im Kreise ihrer Liebsten verbrachten, hörte Christophs Herz zu schlagen auf. Das Herz, das so viele Jahrzehnte unermüdlich für die Didaktik der modernen Fremdsprachen schlug, das Herz, das ohne Unterlass für neue Ideen und innovative Unterrichtspraxis den Takt angab, das Herz, das Christoph Energie gab, seine Netzwerke weit über die regionalen Grenzen der Bundesrepublik, über ganz Europa und darüber hinaus auszubreiten, das Herz, das so vielen Englischlehrkräften Mut gab, Neues auszuprobieren und Motivation, jedes Jahr im Mai zu gemeinsamen dreitägigen Tagungen der BAG zu kommen, obwohl der Terminkalender schon so voll war.

Die BAG – die Bundesarbeitsgemeinschaft für Englisch an Gesamtschulen – das war Christophs Lebenswerk, das er 1971 gegründet hat – zusammen mit seinen Weggefährten Otfried Börner und Liselotte Bohnsack – und seitdem leitete. 1975 kam noch der Verein “Gesellschaft zur Förderung des Englischunterrichts an Gesamtschulen e.V.” (GFE) dazu, ein eingetragener gemeinnütziger Verein, der 1975 aus den Mitgliedern der BAG Englisch hervorging und seitdem als Träger der BAG aktiv ist. Als Sprecher des Vereins war er stets darauf bedacht, dass alles rund um die BAG nach Recht und Gesetz ablief und dass auch Finanzierung und Buchhaltung stimmten.

Die BAG und die Tagungen, die er organisierte, boten ihm eine geeignete Plattform, um mit Gleichgesinnten, mit Novizen und Experten aus Nah und Fern an neuen innovativen pädagogischen und didaktischen Konzepten zu diskutieren und praxisbezogene Umsetzung auf den Weg zu bringen. Diese wurden mit Hilfe von vielen engagierten Englischlehrerinnen und –lehrern in fast allen Bundesländern in die Klassenzimmer gebracht, ausprobiert und weiterentwickelt.

Viele Jahre traf sich das BAG-Netzwerk in Hessen in der Reinhardswaldschule in Fuldatal bei Kassel im „Rosenhaus“, wo Christoph die Leitung der hessischen Fortbildung für Fremdsprachen innehatte. Kommunikative Kompetenz, Lernerautonomie, Storyline-Methode, handlungsorientierter Fremdsprachenunterricht, Unterricht in heterogenen Lerngruppen – das waren schon in den 80-er und 90-er Jahren Themen, die Christoph mit Unterstützung von Referenten aus dem In- und Ausland in die Lehrerschaft brachte. Namhafte Experten kamen: Hans Eberhard Piepho, Leni Dam, David Little, Christopher Candlin, Steve Bell, Dave Allan, Michael Legutke, Konrad Schroeder und viele mehr.

Christoph war einer der ersten, der mit den Experten aus seinem weiten Netzwerk die internationalen Standards, später bekannt unter dem Namen „Der gemeinsame europäische Referenzrahmen für Sprachen“, schon 1998 in einer Fortbildungsveranstaltung vorstellte und über die möglichen Auswirkungen auf den Fremdsprachenunterricht diskutierte. Er kannte alle, die an diesem heute weltweit verbreiteten Standardwerk und Kompetenzstufenmodell arbeiteten: John L. M. Trim, Frank Hayworth, Keith Morrow – sie kamen zu den BAG-Jahrestagungen als Referenten und stellten sich der Diskussion mit den BAG-Mitgliedern. Standards und Kompetenzorientierung sowie gerechte Leistungsbeurteilung im kommunikativen Englischunterricht waren Themen, an denen Christoph in unterschiedlichen Konstellationen arbeitete, sei es im bildungspolitischen Diskurs oder in der Lehrerfortbildung. Christoph war ein brennender Anhänger der
individuellen und kompetenzorientierten Bewertung und Beurteilung von Schülerleistungen, vom Europäischen Sprachenportfolio und der damit verbundenen Selbsteinschätzung. All dies floss nicht nur in die Veröffentlichungen in Fachzeitschriften und Publikationen, sondern vor allem in ein Lehrwerk, das er jahrzehntelang begleitete und dessen Herausgeber er war: Notting Hill Gate. Daraus entstand eine ganze Lehrwerksfamilie des Diesterweg Verlags für unterschiedliche Schulformen. Aber Notting Hill Gate, ein Lehrwerk für Gesamtschulen, mit Differenzierungsangeboten schon in den 90-er Jahren in der ersten Ausgabe, war sein Lieblingslehrwerk. Die meisten Autoren, die an dem Lehrwerk beteiligt waren, stammten auch aus der BAG-Familie.

Die BAG und Christoph als deren Sprecher und treibende Kraft, das war eine unzertrennbare Einheit. So sehr er sich einerseits als unumschränkter Vorsitzender sah, so intensiv bemühte er sich auch, jüngere Lehrkräfte für sein Netzwerk zu mobilisieren. Und sie kamen, denn wo sonst hatte man die Gelegenheit, solche weltweit anerkannten Didaktiker, Pädagogen und Linguisten hautnah zu erleben und mit ihnen zu arbeiten? Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind durch seine Bestärkung von einer Lehrkraft zur Fortbildnerin/ zum Fortbildner oder zu Fachberatern geworden, die in den verschiedenen Bundesländern an Standards und Kerncurricula mitgeschrieben haben, zu Autoren, Referenten im In- und Ausland und Ausbildern.

Christoph konnte durch seinen Namen auch im letzten Jahrzehnt, als die BAG in der evangelischen Tagungsstätte in Villigst bei Schwerte ihr Domizil für die Jahrestagungen fand, wichtige Pädagogen und Didaktiker für die BAG gewinnen: Christa Lohmann, Annemarie von Groeben, Torben Schmidt, Marita Schocker, Michael Schratz, Olaf-Axel Burow, David Heathfield, Alan Pulverness; viele kamen wieder: Leni Dam, David Little, Christopher Candlin, Michael Legutke, … Die Themen waren nicht immer neu, aber immer aktuell oder sogar einen Schritt den anderen voraus: Heterogenität, Umgang mit Fehlern, Lesekompetenz, Grammatik im kommunikativen Englischunterricht, Aufgaben-/Projektorientiertes Lernen, Individualisierung, Inklusion, digital literacy, Globales Lernen im Sinne des „Orientierungsrahmens für den Lernbereich Globale Entwicklung“ – das war in den letzten Jahren sein Steckenpferd und er scheute keine Mühen, um hierzu seinen aktiven Beitrag zu leisten. 2014 organisierte er mit Unterstützung des Geschäftsführenden Ausschusses der GFE eine Studienfahrt nach Aberdeen, die vielen von uns unvergessliche Eindrücke von einer gelebten flächendeckenden Inklusion in Schottland ermöglichte.

In den letzten Jahren musste er sich von vielen langjährigen Gefährten verabschieden und merkte auch selbst, dass ihm die Kräfte für all die Aufgaben, die er sich auflud, nicht mehr ganz reichten. Seine Gesundheit, vor allem sein Herz, war angeschlagen. Aber er liebte es zu reisen, wenn es nur ging, er liebte es im Kreise der BAG-Familie zu sein und mit dem Vorstand mehrmals jährlich zu tagen, um die nächste Arbeitstagung vorzubereiten – er brauchte diesen Raum und die Gespräche.

Er hatte auch seine Ecken und Kanten, die manche zu spüren bekommen haben; nicht jeder war fähig darüber hinweg zu sehen. Bei der diesjährigen Tagung war er sehr zurückgezogen, sehr sanftmütig und er kündigte auch an, dass er im nächsten Jahr nicht mehr als Vorsitzender bei den Wahlen antreten würde. Doch niemand in der BAG ahnte, dass er so bald und so endgültig abtreten würde, vorzeitig, ohne dass wir ihm eine würdevolle Feier bereiten konnten. Er ging leise, ohne dass wir etwas bemerkten.

Die Lücke, die er nun hinterlässt, werden wir spüren. Wir müssen nun die Arbeit und den Geist der BAG weitertragen, wir müssen auch in seinem Sinne die Netzwerke weiter pflegen und ausweiten. So hat er es sich gewünscht: Dass wir Jüngeren seine Arbeit weiter machen, inspirierende Tagungen organisieren und dass wir so jedes Jahr neue Menschen in das Netz der „BAGger“ locken und vor allem, dass die BAG weiterhin eine Keimzelle für fortwährende Unterrichtsentwicklung bleibt.

Darüber hinaus war Christoph ein gläubiger Mensch und wir wissen:

Immer sind es Menschen,
die uns
begegnen
bewegen
berühren
voranbringen
leuchten.
Immer sind es Menschen,
durch die Gottes Licht in die Welt scheint. (U. Hofmann)

In diesem Sinne ist es uns eine ehrenvolle Aufgabe in seinem Gedenken auch in Zukunft so weiterzuarbeiten.

August 2018
Autoren: Sanja Wagner, Susanne Quandt und Rolf-Olaf Geisler

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3 comments on “Christoph Edelhoff

  1. Ich bin total erschüttert und mir fehlen gerade die Worte…

    Eine Stimme, die uns vertraut war schweigt,
    Ein Mensch, der uns lieb war, ging.

    Was uns bleibt, sind Liebe, Dank und Erinnerung.

  2. Auch ich bin sehr erschüttert. Christoph war eigentlich immer da, für uns alle und hat die BAG mit Leben, Liebe und Freude gefüllt. Unvorstellbar, dass er nicht mehr da ist. Ich kannte ihn bereits aus der Anfangszeit der kommunikativen Wende, Ende der 70er Jahre. Eigentlich war er damals schon so, wie er bis zuletzt gewesen ist: Motor, Freund, Aktivator. Und mit unwahrscheinlich guten Ideen, die er immer gerne teilte. Als ich fürs Goethe-Institut Sommerkurse leitete, hatte ich ihn als Gastsprecher nach Göttingen eingeladen, direkt nach der Wende. Ich vergesse nie, wie er dort mit seinem Auto ankam, vollgeladen mit Hunderten von Audiokassetten mit Aufnahmen von kleinen Privatsendern an der Zonengrenze, von Nord bis Süd. Das war sein Arbeitsmaterial an dem Tag. Und er wusste von jeder Kassette genau, was draufstand. Die Teilnehmer waren begeistert von ihm – mit Recht.
    Wir sind ihm alle irgendwie verpflichtet. Lasst uns das zum Ausdruck bringen dadurch, dass die BAG weiter lebt und blüht. Er hat es verdient!

  3. Meine Familie und ich waren sehr traurig über die Nachricht. Für uns waren die jährlichen “Familienausflüge” nach Schwerte immer mit Christoph verbunden.
    Wir werden ihn sehr vermissen.

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